środa, 27 maja 2015

Merkel und die BND-Affäre: Ein Vermerk, zwei DeutungenEin neuer Aktenfund legt nahe, dass die Kanzlerin 2013 die Aussichten auf ein No-Spy-Abkommen mit den USA schönfärbte. Von Täuschung will Angela Merkel nichts wissen, aber Details gibt sie nicht preis - im Gegenteil.


In Untersuchungsausschüssen häufen sich mitunter die Papierberge. Durch Hunderttausende Seiten müssen sich die Prüfer wühlen - dabei sind es oft nur einzelne Vermerke, die in einer Affäre entscheidend sein können.

Jetzt ist in der 
BND-Affäre ein solcher Vermerk öffentlich geworden. Er ist für die Kanzlerin persönlich unangenehm. Es geht um das sogenannte No-Spy-Abkommen mit Washington. Für dieses Abkommen gab es aus den USA nie eine wirklich konkrete Zusage. Die Bundesregierung tat im Spätsommer 2013 trotzdem öffentlich so, als stünde eine Unterzeichnung kurz bevor.
Auch Angela Merkel war über die Widerstände in Washington offenbar sehr konkret im Bilde. Ihr Abteilungsleiter für die Nachrichtendienste war nach einem Treffen mit dem NSA-Chef am 5. August 2013 zwar zuversichtlich, dass sich die Geheimdienste zu einem solchen No-Spy-Abkommen durchringen könnten. In jenem Vermerk an die Kanzlerin,über den die "SZ" berichtet, schrieb er aber auch: "Über das 'Ob' müsse allerdings die Politik entscheiden." Nur leider gab es an dieser Front schlechte Nachrichten. In einem Telefonat mit dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle zeigte sich US-Amtskollege John Kerry kurze Zeit später ebenfalls offen, "ohne Konkretes zuzusagen".
Gemessen daran muten die damaligen Äußerungen Merkels und ihrer Vertrauten im Rückblick merkwürdig optimistisch an. Die Amerikaner, so formulierte es die Kanzlerin im Wahlkampf 2013, seien bereit, "mit uns ein sogenanntes No-Spy-Abkommen zu verhandeln". Ihr Sprecher wurde noch deutlicher: "Es wird ein No-Spy-Abkommen geben."


"Wir fühlen uns bestätigt"
Ein bewusstes Täuschungsmanöver zur Beruhigung der durch die Enthüllungen von Edward Snowden aufgeschreckten Wähler? Mitnichten, lässt die Kanzlerin heute ausrichten. "Entgegen dem Eindruck, der mit dieser Veröffentlichung entstehen kann, widerlegt das Veröffentlichte die Darstellung der Bundesregierung nicht, sondern im Gegenteil: Wir fühlen uns bestätigt in dem, was wir die ganze Zeit zu diesem Thema sagen", sagt ihr Sprecher Steffen Seibert. "Es gilt nämlich unverändert, dass wir uns zu diesem Thema wie zu allen anderen nach bestem Wissen und Gewissen geäußert haben." Es ist die Formel, hinter der sich jede Schludrigkeit oder Schummelei leicht verstecken lässt.
2013 habe man "Verhandlungen über einen Text im Sinne eines sogenannten No-Spy-Abkommens geführt", sagt Seibert. Da wüsste man gerne mehr. Aber zu Details? Macht Merkels Sprecher keine Angaben. Es handele sich um Unterlagen aus dem Untersuchungsausschuss, und die kommentiere man grundsätzlich nicht öffentlich. Zu gegebener Zeit werde man aber den zuständigen parlamentarischen Gremien Bericht erstatten. Dann, so Seibert, werde das "ganze Bild" ersichtlich.
So geht das inzwischen seit Wochen, ohne das wirklich viel passiert an der Aufklärungsfront. Innenminister Thomas de Maizière verwies auf Geheimhaltungspflichten, als er unter Druck stand. Seibert selbst hat schon mehrfach betont, öffentlich keinen Kommentar zu vertraulichen Unterlagen oder Verhandlungen mit den Amerikanern abgeben zu können. Jetzt geht es um den Vermerk. Und wieder wird die Öffentlichkeit in der Frage vertröstet, was im August 2013 wirklich geschah. Irgendwann einmal werden wir dazu Stellung nehmen, aber hinter verschlossenen Türen. Das ist die Botschaft Merkels.
SPD-Spitze schweigt
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Kanzlerin in der BND-Affäre zunehmend auf Zeit spielt, frei nach dem Motto: Irgendwann verliert das Publikum das Interesse, irgendwann hören die Fragen auf. Bei der Selektorenliste der NSA, die seit Wochen im Kanzleramt liegt und über deren Freigabe die Bundesregierung derzeit mit den USA verhandelt, scheint diese Taktik auch schon ihr Mittel der Wahl: Obwohl Kanzleramtschef Peter Altmaier zu Beginn der Affäre eine Entscheidung "in den nächsten Tagen" ankündigte, ist noch immer nichts passiert. Dabei ist längst absehbar, dass die Amerikaner eine Freigabe verweigern.

Jetzt sind erst einmal zwei Wochen Parlamentspause. Ob Washington innerhalb der nächsten vierzehn Tage auf die Bitte Berlins antwortet, ist völlig unklar. Wenn nicht, würde womöglich mancher Aufklärer im Parlament ungeduldig. Aber für Merkel hätte das den hübschen Vorteil, dass sie das Thema hinter die Sommerpause schieben könnte.
Die Operation Aussitzen scheint beim Koalitionspartner schon zu wirken. In den vergangenen Wochen hatte die SPD kontinuierlich den Druck auf die Kanzlerin erhöht. Inzwischen halten sich die Sozialdemokraten zurück. Am Mittwoch attackierten nur Genossen aus der zweiten Reihe die Regierungschefin. Der BundestagabgeordneteJohannes Kahrs twitterte: "merkel hat gelogen!" Der Obmann der SPD im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, wollte dagegen das Wort Lüge nicht in den Mund nehmen. Flisek sprach im Deutschlandfunk von "Nebelkerzen im Wahlkampf".
Die Spitze der Sozialdemokraten schwieg zu den neuen Vorwürfen gegen Merkel.



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