środa, 27 maja 2015

NSA-Affäre: Merkel wusste offenbar von Problemen bei No-Spy-Verhandlungen

Aktenfund in der NSA-Affäre: Laut einem Zeitungsbericht wurde Kanzlerin Merkel per Vermerk informiert, dass die US-Seite keine feste Zusage für ein No-Spy-Abkommen gegeben hatte. Trotzdem wurde in der Öffentlichkeit ein anderer Eindruck vermittelt.

Hat Kanzlerin Angela Merkel in der Affäre um den Bundesnachrichtendienst (BND) die Öffentlichkeit falsch informiert? Merkel und ihr Sprecher Steffen Seibert bestreiten bislang, dass die Bundesregierung die Öffentlichkeit vor der Bundestagswahl 2013 über ein No-Spy-Abkommen mit den USA in die Irre geführt habe. Doch Unterlagen aus dem Kanzleramt, über die "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichten, sollen zeigen, dass die Regierung keine Zusage für ein solches Abkommen von der US-Regierung erhalten - und Merkel dies wohl auch frühzeitig mitbekommen hat.

Laut dem Bericht wussten die Kanzlerin und der damalige Außenminister
Guido Westerwelle im August 2013, dass die US-Regierung die Bitte nach einem solchen Abkommen lediglich zu prüfen bereit war. Der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla verkündete daraufhin trotzdem, eine solche Vereinbarung sei von den Amerikanern angeboten worden. Auch Merkels Regierungssprecher sagte damals dazu: "Es wird ein No-Spy-Abkommen geben."
Mitte Mai verteidigte Seibert seine Worte: Er könne für sich selbst wie für die Bundesregierung sowie die betreffenden Chefs des Bundeskanzleramts "ganz klar sagen, wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet, und wir haben nach bestem Wissen und Gewissen die Öffentlichkeit informiert".
Laut dem SZ-Bericht hatte eine deutsche Delegation am 5. August 2013 in Washington mit hochrangigen amerikanischen Geheimdienstvertretern gesprochen. Zwei Tage später sei die Kanzlerin in einem Vermerk über den Stand der Dinge informiert worden, heißt es. Das Dokument enthalte die handschriftliche Notiz: "Lag der Bundeskanzlerin vor."



Verfasser sei der Leiter der für die Nachrichtendienste zuständigen Abteilung 6 des Kanzleramts gewesen, der ebenfalls an der Runde teilgenommen hatte. Er schätzte die Aussichten auf ein No-Spy-Abkommen positiv ein, zitiert die "Süddeutsche Zeitung". Demnach habe er geschrieben, der NSA-Chef sei bereit, "eine Zusicherung abzugeben, dass auf deutschem Boden jederzeit deutsches Recht respektiert werde und keine gegenseitige 
Spionagestattfinde". Aber: "Über das 'Ob' müsse allerdings die Politik entscheiden."
Westerwelle habe sich dann telefonisch an US-Außenminister John Kerrygewandt. Laut einem Gesprächsvermerk habe sich Kerry bereitwillig gezeigt, "ohne Konkretes zuzusagen". Die Prüfung in den USA laufe.
Dem US-Geheimdienst NSA wird vorgeworfen, deutsche Bürger und Unternehmen im großen Stil ausgespäht zu haben - mit Unterstützung des BND. Dieser soll massenhaft persönliche Daten von Bundesbürgern an die NSA weitergeleitet haben.
Zusammengefasst: Die schwarzgelbe Bundesregierung hatte im Bundestagswahlkampf 2013 erklärt, man werde ein No-Spy-Abkommen mit den USA schließen. Dabei wusste das Kanzleramt, dass es keine derartige Zusage aus Washington gab. Laut einem Aktenvermerk, über den die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, wusste auch Kanzlerin Merkel persönlich davon.

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